„Das schönste Mädchen Wiens“- Lieder von Alma und Gustav Mahler und Alexander von Zemlinsky
Martina Rüping, Sopran, Karola Theill, Klavier, Carmen Wiederstein, Rezitation
Als Alma Schindler im Spätherbst 1901 erstmals mit Gustav Mahler persönlich zusammentraf, hatte sie ihn seit 1897 schon oft genug als den allseits gerühmten Dirigenten erleben können. Schon 1898 vertraute sie ihrem Tagebuch nach einer Matinée begeistert an: „In den Mahler bin ich effectif – verliebt.“
Von Gustav Mahlers vierzig Sologesängen mit Orchesterbegleitung sind die Lieder auf Texte aus „Des Knaben Wunderhorn“ vor der ersten Begegnung und der ein Jahr darauf erfolgten Heirat mit der 23-jährigen Alma entstanden, jedoch zumeist erst 1905 veröffentlicht worden. Die Vertonung der naiven Volksdichtung zeichnet manchmal ein nicht immer ganz glaubhaftes, lärmend auftrumpfendes Selbstbewusstsein aus, ein anderes Mal unterstreicht Mahler einfach nur die Lebensfreude, eine gewisse Übermütigkeit oder den verborgenen Witz der Vorlage…. diese Lieder bilden das Zentrum des Sonntagsmatinée.
Alma Mahler, das begehrenswerte „schönste Mädchen Wiens“ spielte sehr gut Klavier. Die junge Dame erhielt Unterricht in Kontrapunkt, und durch Zemlinsky ließ sie sich in die Kompositionslehre einführen. Viele ihrer Sonaten, Etüden, Fugen, Lieder vernichtete sie damals sicherlich aus Angst vor möglicher Kritik durch die von ihr vergötterten Musiker. Mahler zuliebe verzichtete sie geradezu auf eigene kompositorische Betätigung. Nach acht Ehejahren gibt er freilich vor, sich für ihre Kompositionen durchaus wohlwollend interessieren zu wollen, und wählt zum Beweis fünf ihrer vor Jahren entstandenen Lieder aus, um sie bei der Wiener Universal Edition unterzubringen – es handelt sich um die Liedgruppe, die zu Beginn im Rokokosaal erklingen wird. Von den bedauerlicherweise nur insgesamt vierzehn erhalten gebliebenen Liedern kommen am 12. August die zu Gehör, die Alma also gewiss noch als das in den Wiener Salons umschwärmte Fräulein Schindler vertonte.
Alexander von Zemlinsky, der einst von Brahms anerkannt und gefördert worden war, nun aber mehr in Wagner seinen Leitstern erkannte, fand zur Jahrhundertwende eine ganz eigene Art, mit Harmonien umzu-gehen und seine melodischen Einfälle raffinierten Variationen zu unterziehen. Da er den Schritt zur Atonalität nie vollzog, hielten ihn im fortschreitenden Jahrhundert die jungen Leute verächtlich für einen Epigonen der Spätromantiker. Die Lieder op. 2 wurden um 1895 komponiert. Sie vermitteln noch stark den Eindruck, der junge Zemlinsky wolle unbedingt den verehrten großen Liedmeistern gleichkommen und auf der von Schumann und natürlich Brahms vorgegebenen Spur weiterschreiten. Aber im Opus 6 von 1898 geschehen bereits Veränderungen, die aufhorchen lassen…